Das FLUCHTKINO in den Dörfern Kärntens/Koroška

Über Bad Eisenkappel/Železna kapla lässt sich einiges schreiben. Im südlichsten Ort Österreichs, nahe der slowenischen Grenze, befindet sich nicht nur der Peršmanhof, an dem kurz vor Kriegsende, am 25. April 1945, Angehörige des SS-Regiments ein Massaker an einer slowenischen Familie verübt haben und das heute ein Museum beherbergt, auch die Kärntner-Slowenische Schriftstellerin Maja Haderlap kommt aus diesem Dorf.

Bad Eisenkappel/Železna Kapla verfügt aber auch über drei Flüchtlingsunterkünfte: zwei, in denen Männer untergebracht sind, und eine für Frauen. Anlass für die Initiative Minderheiten und verschiedenen Partnerorganisationen*, neben fünf anderen Orten in Kärnten/Koroška auch Bad Eisenkappel/Železna kapla mit dem FLUCHTKINO zu besuchen.

Im Rahmen des mobilen FLUCHTKINOS zeigen wir Želimir Žilniks Film „Logbook Serbistan“, der im serbisch-ungarischen Grenzgebiet im Herbst 2014 gedreht wurde. Zu einer Zeit, als die Balkanroute noch offen war. Der Film beschreibt das Leben der Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, aus dem Irak und aus verschiedenen afrikanischen Ländern auf ihrem Weg nach Europa. Laiendarsteller_innen verkörpern darin ihre eigene Geschichte. „Logbook Serbistan“ ist aber auch ein Film über Serbien. Über die ehemaligen Gastarbeiter_innen und über jene, die nach den Jugoslawien-Kriegen zurück in ihre alte Heimat gekehrt sind.

Das FLUCHTKINO soll Geflüchtete und Einheimische für einen Abend zu Gesprächen zusammenbringen. Und geredet wurde auch viel an den drei Abenden, an denen wir den Film bereits gezeigt haben. Während in Wolfsberg eine rege Diskussion über die Frage entsteht, ob der Film die Realität der Flucht tatsächlich wiedergibt, wird in Bleiburg/Pliberk „Logbook Serbistan“ zum Anlass genommen, um über die eigenen Erfahrungen während der Flucht zu erzählen. Zu Wort meldet sich auch der Betreiber des dortigen Flüchtlingsheimes. Er findet sich in einigen Filmszenen wieder. In Bad Eisenkappel/Železna kapla wiederum erkennen die Zuschauer_innen nicht nur einige Orte der Flucht, sondern auch einige der im Film vorkommenden Protagonst_innen wieder.

Im Ort selbst gibt es einige sehr engagierte Frauen, die ehrenamtlich Deutschkurse anbieten. Und die Kooperative „Longo Mai“, die hier seit den 1970er Jahren angesiedelt ist und einen Hof bewirtschaftet, Fußballspiele und Feste mit den Flüchtlingen organisiert. Seit kurzem wird in einer der Unterkünfte im Rahmen eines Gartenprojekts auch gegärtnert. Durch das Engagement dieser Freiwilligen konnte im September 2014 auch eine Unterschriftenaktion gegen die Flüchtlingsunterkünfte, die von der FPÖ initiiert wurde, abgewendet werden.

Auch wenn in der Gemeinde Bad Eisenkappel/Železna kapla bei der heurigen Bundespräsidentenwahl das zweitbeste Ergebnis für Van der Bellen in Kärnten erreicht wurde und dies für eine gewisse Offenheit in der Bevölkerung spricht, so ist der Wunsch nach mehr Kontakt mit den Einheimischen seitens der Flüchtenden auch hier sehr groß. Viele wünschen sich, dass sie mit den Leuten mehr ins Gespräch kommen. Vielleicht kann ja das geplante Projekt der Gemeinde in Zukunft dazu beitragen: ältere Menschen sollen mit den Flüchtlingen zusammengebracht werden, die ihnen bei leichten Arbeiten zur Hand zu gehen und im Gegenzug dazu Deutsch und Slowenisch lernen können.

 

 

* Ein Projekt der Initiative Minderheiten in Kooperation mit dem Kunstraum Lakeside und container25, Kulturni dom Bleiburg/Pliberk, Pfarre Eisenkappel/Železna Kapla, Museum am Bach Ruden, Stiftspfarre und Domverein Maria Saal, Marktgemeinde Maria Saal, Lust auf Gerechtigkeit, Pfarre Krumpendorf, Klimabündnis Österreich GmbH/Zweigstelle Kärnten, Longo mai – Hof Stopar, Gemeinde Eisenkappel/Občina Železna Kapla, Verein Aspis, AVESTA – Afghanischer Kulturverein, Interkulturelles Zentrum Völkermarkt

Projektleitung: Cornelia Kogoj und Christian Kravagna / Organisation: Nora Leitgeb / Technik, Übersetzung und FLUCHTAUTO: Alex Samyi /Film über das Projekt: Alaa Alkurdi und Hanna Schibel

Gefördert: Kunstsektion im Bundeskanzleramt

 

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