Florjan Lipuš im ORF-Porträt von Katja Gasser

Um die Bedeutung des Kärntner slowenischen Schriftstellers Florjan Lipuš zu unterstreichen, wird in der Literaturszene zumeist darauf hingewiesen, dass ihn Peter Handke für einen bedeutenden österreichischen Autor hält. Der Germanist Wendelin Schmidt-Dengler etwa erwähnte Florjan Lipuš in seinen Vorlesungen zur österreichischen Literatur – aber nur, um gleich wieder von Peter Handke zu erzählen.1
Diesen Umweg muss Lipuš´ Literatur vermutlich gehen, weil sie auf Slowenisch geschrieben wurde.

Florjan Lipuš wurde 1937 in Eisenkappel/Železna Kapla geboren. Als er sechs Jahre alt war, wurde seine Mutter von der Gestapo verhaftet, weil sie als Unterstützerin von Partisan_innen galt. Sie wurde ins KZ Ravensbrück deportiert und dort ermordet. Anlässlich der Deportation und Aussiedlung der Kärntner Slowen_innen, die sich im April zum 75. Mal jährte, hat die Kulturredakteurin Katja Gasser, selbst Kärntner Slowenin, ein gut 30-minütiges Filmporträt über Florjan Lipuš gestaltet.
Sie lässt darin den Autor in seiner Mutter- und Schreibsprache zu Wort kommen, für das deutschsprachige Publikum gibt es Untertitel. Ein deutschsprachiger Dialog zwischen Autor und Redakteurin legt dar, wieso.
„Wir könnten uns ja auf Deutsch unterhalten“, sagt Gasser zu Lipuš.
„Wir könnten es tun, das ist eine freie Willensentscheidung“, bestätigt er. Er wendet aber ein: „Die Sprache, welche man wählt, hängt von der Situation ab. Und die Situation, in der wir jetzt sind, verlangt, dass wir eigentlich Slowenisch sprechen.“
„Warum verlangt sie das?“, fragt die Redakteurin nach.
Lipuš antwortet: „Weil Sie einen Film machen über einen slowenischen Autor.“
Am 8. Mai 2017 wurde der Film im „Kulturmontag“ ausgestrahlt.
Es war eine der seltenen Gelegenheiten, in der Slowenisch auch im Hauptprogramm des ORF zu hören war und Literatur der Kärntner Slowen_innen als Teil der österreichischen Literatur(geschichte) kennenzulernen.

Der Beitrag ist noch bis einschl. 15. Mai  in der TVthek des ORF verfügbar.

 

1 Wendelin Schmidt-Dengler: Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945 bis 1990. Residenz Verlag 2010 (3., korrigierte Auflage), S.492.

Foto: Marko Lipuš

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