“Zwanzig siebzehn wählt [nicht nur] Deutschland seinen Kopf” (© Sookee), sondern auch in Österreich stehen Wahlen an. Abseits von Wahlprogrammen und Wahlkampf-Fails prägt v.a. die Diskussion über Filterblasen in Social Media die mediale Öffentlichkeit. Aber warum wird gerade vor Wahlen besonders häufig über die Personalisierungs-Algorithmen, die Filterblasen verursachen, gesprochen?
Filterblasen verfestigen Meinungen
Filterblasen entstehen dadurch, dass durch Personalisierung nur mehr ein Teil der Welt im Internet für einen User bzw. eine Userin sichtbar ist. Wie die Personalisierung genau funktioniert, steht in meinem Blogpost von letzter Woche. Durch die Personalisierung verändert sich nicht nur die Timeline auf Facebook, sondern auch jedes Google-Suchergebnis. Wenn ich den Begriff “Klimawandel” google, erhalte ich eine ganz andere Reihenfolge der Suchergebnisse als z.B. mein ehemaliger Schulkollege, der einen Lehrberuf ergriffen hat, regelmäßig auf der Facebook-Seite von HC Strache kommentiert und mit seiner Ehefrau und seinen Kindern am Land lebt.
Die Personalisierung an sich wäre kein Problem. Das Problem entsteht darin, dass nirgendwo kommuniziert wird, dass es eine Personalisierung gibt. Stattdessen wird ein Google Suchergebnis als vermeintlich objektives Suchergebnis dargestellt. Das wiederum stellt demokratiepolitisch ein massives Problem dar (vgl. den Artikel von Engin Bozdag und Jeroen van den Hoven). Filterblasen verengen durch ihre einschränkenden Algorithmen also auch die Bandbreite an Suchergebnissen für Wähler_innen, die sich über die verschiedenen Standpunkte der Parteien informieren wollen.
Filterblasen sind nicht nur ein rechtes Problem
Die oben beschriebenen Personalisierungs-Effekte treffen für User_innen aller politischen Lager gleichermaßen zu. Dass wir in den Medien v.a. im Zusammenhang mit konservativen und rechten Parteien und Bewegungen davon hören, hat zwei Gründe. Einerseits nutzen ebendiese Gruppierungen die Personalisierungs-Algorithmen gezielt aus, um ihre Botschaften auf den eigenen Kanälen an die Zielgruppe zu bringen. In Österreich gelingt das der FPÖ durch ein dichtes Netzwerk von eigenen und befreundeten Medien-Kanälen.
Andererseits hat die Fokussierung auf konservative und rechte User_innen in der Berichterstattung psychologische Gründe: Andrei Boutyline und Robb Willer haben herausgefunden, dass zwei Personengruppen besonders stark nach Bestätigung ihrer eigenen Meinung suchen. Sie sprechen dabei vom Wunsch nach politischer Homophilie. Bei den beiden Personengruppen handelt es sich zum Ersten um Menschen, die sich an den Extremen des politischen Spektrums links oder rechts verorten würden. Zweitens sind es Personen, die eine konservative Wertehaltung haben. Viele potentielle FPÖ- oder AfD-Wähler_innen liegen genau in der Schnittmenge dieser beiden Personengruppen.
Filterblasen-Tools zum Selbst ausprobieren
Wer sich anschauen will, wie sehr sich die Timelines von liberalen und konservativen Menschen unterscheiden oder die eigene Facebook-Filterblase testen will, sollte sich diese beiden Tools anschauen: Blue Feed, Red Feed des Wall Street Journals bzw. der Selbsttest der Süddeutschen Zeitung. Mein Selbsttest zeigt – wenig überraschend – die niedrigste Übereinstimmung mit der AfD. Und bei euch?