Über den Internationalen Tag gegen Homophobie und die Bundespräsidentenwahl

Am 17. Mai – wenige Tage vor der Bundespräsidentenstichwahl – wurde auch heuer wieder am Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie auf bestehende Diskriminierungen und Gewalt gegen Homosexuelle und Transpersonen aufmerksam gemacht. Dieser symbolische Tag geht zurück auf jenen Tag im Jahr 1990, als Homosexualität von der WHO aus der Liste psychischer Krankheiten gestrichen wurde (Transsexualität gilt im Diagnoseschlüssel immer noch als psychische Störung). Im Jahr 2006 wurde dieser symbolische Tag auch vom Europäischen Parlament anerkannt und jegliche Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung verurteilt.

Todesstrafe – Verfolgung – Anerkennung; „Von Galgen bis Standesamt reichen die Orte, die Staaten auf dieser Welt als angemessen für Lesben, Schwule und Transgender betrachten“, so die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die aufbauend auf Daten der International Lesbian and Gay Association (ILGA) über die weltweite Situation informiert. Während in Lateinamerika, Südafrika, in vielen europäischen Staaten, Kanada und in den USA die rechtliche Gleichstellungspolitik viele Erfolge zeigt, steht in 7 Staaten auf Homosexualität immer noch die Todesstrafe (Iran, Jemen, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan, Teile von Nigeria und Somalia). In insgesamt 76 Staaten wird Homosexualität nach wie vor strafrechtlich verfolgt, teilweise mit Rechtsgrundlagen aus der Kolonialzeit. Die Androhung der Todesstrafe, Gefängnis, Folter, Peitschenhiebe, Berufsverbote und Ausgrenzung sind auch Gründe, die Menschen zur Flucht zwingen. In 115 Staaten dieser Welt ist Homosexualität zwar nicht mehr strafbar, aber es fehlen Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetze, z.B. in vielen Staaten des ehemaligen Ostblocks, in denen bis heute immer wieder Verbote für den CSD (Christopher Street Day) ausgesprochen werden.

Vom Internationalen Tag gegen Homophobie bis zum CSD wurde die Innbrücke im Stadtzentrum von Innsbruck für mehrere Wochen mit der Regenbogenfahne verziert – ein schöner Anblick und ein „klares Zeichen für Akzeptanz“, aber auch ein beunruhigendes politisches Zeichen: Wenige Tage vor einer Wahl, bei der möglicherweise ein rechter deutschnationaler Burschenschafter zum Bundespräsidenten gewählt werden könnte, erinnern die Regenbogenfahnen auch daran, dass es in absehbarer Zukunft vielleicht wieder mehr zu Erkämpfen und zu Verteidigen geben wird. Ein Kandidat mit realistischer Chance, der nichts von Gleichstellungspolitik hält, sich gegen die Öffnung der Privilegien der Ehe und gegen das Adoptionsrecht von Lesben und Schwulen ausspricht.

Eine ausgrenzende und minderheitenfeindliche Facette der freiheitlichen Politik, eine von vielen, die aber auch miteinander in Zusammenhang stehen, insbesondere in Bezug auf Sexismus, Antifeminismus und Homophobie. Das „Handbuch freiheitlicher Politik“, das auch die Handschrift von Hofer trägt, überquillt förmlich mit einem nationalistisch-bevölkerungspolitischen, heteronormativen Familienbild: „Die Familie als Gemeinschaft von Mann und Frau mit gemeinsamen Kindern ist die natürliche Keimzelle (…) Wir bekennen uns zur Institution der Ehe zwischen Mann und Frau. Sie verdient besonderen Schutz. Homosexuelle Partnerschaften den Familien oder der Ehe zwischen Mann und Frau gleichzusetzen, wird von uns ebenso abgelehnt wie die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Partner.“  In dieser Sichtweise alles auch immer eine Frage des „Überlebens unseres Volkes“, denn: „Nur die Partnerschaft von Mann und Frau ermöglicht unserer Gesellschaft Kinderreichtum”.

Abgesehen vom konservativen Frauenbild („Die Begriffe „Frau“ und „Familie“ können nicht gewaltsam getrennt werden.“) wird selbstverständlich von einem naturgegebenen „geschlechtsspezifische[n] Verhalten“ ausgegangen, ebenso davon, „dass die biologische Determiniertheit von Mann und Frau anzuerkennen ist“. Logischerweise werden die „Unterdrückung der Geschlechterrollen“ sowie Bestrebungen zur „Auflösung der Familie“ bekämpft, ebenso die „Abschaffung der Geschlechter“, wie sie von geschlechtersensibler Pädagogik betrieben werde, wenn z.B. Buben „in weibliche Rollen schlüpfen (Prinzessinnenkleid, Nägel lackieren). Wir lehnen solche Gender-Experimente ab. Aus freiheitlicher Sicht sind Frau und Mann verschiedenartig und dabei gleichwertig.“

Familien- und damit auch Frauenbild und Antifeminismus von RechtspopulistInnen weisen zahlreiche Anknüpfungspunkte für Homo- und Transphobie auf. Im rechtskonservativen Weltbild sind die Zusammenhänge ganz klar gestrickt: Familie – Antifeminismus – Homophobie. Nicht zufällig ist dieses Gemisch an frauen- und minderheitenfeindlichen Positionen. Umso dramatischer, wenn Parteien, die solche Positionen vertreten, mehrheitlich gewählt werden würden.

Wenn sich u.a. der Tiroler FP-Klubobmann Rudi Federspiel, „Frauensprecher“ der FP im Tiroler Landtag, wie vor kurzem über die Feministische FrühlingsUni 2016 aufregt, weil hier u.a. auch über Bi- und Transsexualität gesprochen und dies noch dazu vom Land Tirol subventioniert wird, hat dies – noch – keine Konsequenzen. Auch nicht sonstige Aufregungen um gleichgeschlechtliche Ampelpärchen, homosexuelle Adoptiv- und Pflegeltern, über die Töchter in der Bundeshymne, den Schwangerschaftsabbruch, über feministische Beratungsstellen und Frauenhäuser als Hort der Zerstörung von Ehe und Familie.  Noch bleibt es mehr oder weniger folgenlos, wenn der freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat, (ohnehin nicht verwunderlich, geht es doch um Asylpolitik) Asyl aufgrund von Verfolgung wegen Homosexualität in Frage stellt (weil ja in diesen Fällen das Vortäuschen aufgrund der Beweislage besonders leicht wäre…).

Alles eine Frage der politischen Machtverhältnisse, die über Wahlen vorübergehend entschieden werden. Auch für LGBTs steht am 22. Mai etwas auf dem Spiel.

 

Beitragsbild – Fotos: Thomas Lechleitner, Grüne Andersrum

Einige Links, auf die sich dieser Text bezieht:

https://www.facebook.com/andersrumtirol/
http://www.rklambda.at/index.php/de/305-22-mai-entscheidung-zwischen-gleichberechtigung-und-diskriminierung
http://www.hirschfeld-eddy-stiftung.de/stiftung/stiftungsarbeit/laender-und-regionen/
http://www.fpoe-bildungsinstitut.at/documents/10180/13608/Handbuch_freiheitlicher_Politik+%282%29.pdf/3530ad0f-4bd0-47e2-9b8b-88a4b2a7a89d
http://zurzeit.eu/artikel/wo-gruen-mit-regiert-wird-steuergeld-fuer-feminismus-und-gender-wahn-verschwendet_1078

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