Buchrezension: Nach der Heimat. Neue Ideen für eine mehrheiimische Gesellschaft – von Veronika Bernard

Buchrezension: Nach der Heimat. Neue Ideen für eine mehrheiimische Gesellschaft

Von Veronika Bernard

Wie wir leben …

Ende 2021 erschien im Verlag Philipp Reclam jun. in der Reihe [Was bedeutet das alles?] der Band „Nach der Heimat“ der beiden an der Universität Innsbruck (Österreich) lehrenden Autoren Erol Yildiz und Wolfgang Meixner. In 10 Kapiteln widmet sich der Band auf 75 Seiten, laut Untertitel, neuen Ideen für eine mehrheiimische Gesellschaft.

Den Fokus der Überlegungen skizziert das Eingangskapitel „Viele Gesichter der Beheimatung“, in dem es zentral heißt: „Der hier gewählte Titel Nach der Heimat signalisiert somit nicht die völlige Abkehr von diesem vielbeschworenen Begriff, sondern einen Perspektivenwechsel, eine Öffnung. Er bezeichnet einen nachdenklichen, einen reflexiven Zugang zum Begriff Heimat im Hier und Heute, ein Um- und Neudenken jenseits ideologisch-nationaler Deutungen. Wir wollen den Blick öffnen auf ein vielschichtiges und hybrides Konzept von Heimat, das je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen entfalten kann. Schnell wird sich dabei eine Topografie des Möglichen abzeichnen. (Absatz) Neue Ideen für eine mehrheimische Gesellschaft entstehen aus der Lebenswirklichkeit von Menschen in einer globalisierten, durch geografische und digitale Mobilität, durch zunehmende Vielfalt geprägten Gesellschaft.“

Diesem Vorsatz getreu spannt das Buch den Bogen von der begrifflichen und historischen Bestandsaufnahme über illustrative Fallbeispiele migrantischer Lebensrealitäten hin zu einer den hoffnungsvoll-progressiven Ausblick integrierenden Conclusio und präsentiert sich vor diesem Hintergrund als Plädoyer für die historisch gewachsene Normalität von im Untertitel genannten „mehrheimischen“ Gesellschaften . Dabei finden Belege aus der deutschsprachigen Literatur ebenso ihren Platz in der Argumentation wie philosophische Überlegungen und Einsichten sowie Forschungsergebnisse aus den relevanten Feldern, und der Blick auf die Alltagssprache.

In einer Analyse des Begriffes „Heimat“ das Wort „Heimweh“ auf seinen gesellschafts-dokumentarischen Gehalt abzuklopfen, wie die Autoren des Bandes dies tun, weitet das Verständnis für die unterschwellig mitschwingenden Konnotationen und (gesellschaftlichen wie politischen) Bezüge und Kontexte, ist doch der Gegenspieler des Heimwehs das Fernweh. Beide gemeinsam sprechen von der Balance, dem inneren Ruhepol des Sich-an-Orten-Wohl-Fühlens, des Sich-an-Orten-zu-Hause-Fühlens, des Sich-an-Orten-nicht-als-Ausnahme-sondern-als-Normalität-Fühlens. Fehlt diese Balance, greifen sie beide, das Heimweh wie das Fernweh, das die einen in die Ferne, die anderen zurück an ihren Geburts- oder Wohnort zieht, und koppeln so rück auf die Substanz des Konzeptes Heimat.

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