Die Ferne

Es ist ein schöner Tag, Freude liegt in der Luft. Alles riecht nach Freiheit und Seelenruhe. Ich kaufe die Zeitung, schlage sie auf. Schatten treten ein, mitten in der eisigen Nacht. Sie scheinen selbst vereist zu sein, so unbeweglich sind sie und dunkel.

Zwei Raubvögel kreisen über meinem Kopf, sie sehen hungrig aus. Ich staune, denn ich habe keine Angst. Sie fliegen kopfüber herab und nehmen vor mir sanft Platz.

Dann höre ich die Stiefel. Ich bemerke: Ich stehe barfuß im Schnee.

Ich spüre den Stahl, wie er meine Haut berührt, wie mein Fleisch schmerzt.

Inmitten der Schatten mache ich einige Häuser aus, kleine Häuser aus Stein. Jetzt regnet es. Schwere Tropfen fallen auf den Schnee, um augenblicklich von ihm verschlungen zu werden.

Ich sehe Mütter in den Häusern, sie hüllen ihre Kinder in Wolldecken, in die einzigen, die sie besitzen.

Die Häuser verstecken sich in den eigenen Kellern.

Langsam geht eine entfernte Sonne auf. Sie ist trüb, verschleiert von grauen Wolken. Die Gestalt der Wölfe wird im Zwielicht sichtbar. Ein Dutzend Wölfe, sie lauern zähnefletschend im Hinterhalt. Mich friert es. Ich spüre ihre Zähne, ich spüre den Stahl, mein Fleisch schmerzt blutlos. Die Schatten und die Wölfe und die Raubvögel vernichten die Häuser, die sich in den eigenen Kellern versteckt haben, sie vernichten die Frauen und die Kinder, sie vernichten. Dann ziehen sie an mir vorbei. Ich habe unsägliche Schmerzen.

Ich schlage die Zeitung wieder zu. Der stille Sommermorgen blendet mich. Die Ferne beginnt wieder, zu atmen.

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