EYES ON … andererseits – für Inklusion im Journalismus

© Stefan Fürtbauer. Der Abdruck ist bei Nennung des Fotografen und Nutzung für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Weitergehende Nutzung bedarf der Zustimmung des Fotografen!

„Ich bin stolz, dass ich alleine eine Geschichte schreiben darf“, sagt Hanna Gugler als wir sie fragen, warum sie bei andererseits dabei ist. andererseits ist ein online-Magazin für Inklusion im Journalismus. Hanna schreibt viel und gerne, sie packt alles in eine Geschichte aber ihre Texte lesen sich nicht wie die meisten in Zeitungen, auf Blogs oder in Online-Medien. Auch Hannas Perspektive ist keine, mit der die Mehrheitsgesellschaft vertraut ist, denn Hanna lebt mit einer Behinderung und wegen dieser Tatsache ist der Journalismus für sie nicht zugänglich. Woher soll sie die Voraussetzungen dafür nehmen? Den Bachelor in Publizistik oder in Journalismus an der Fachhochschule? Woher soll sie die Praktika-Erfahrung bekommen? Und wie soll sie in Redaktionen arbeiten, die sie ausschließen, indem sie sich auf die Arbeitsgeschwindigkeit und – weise der Mehrheitsgesellschaft fokussieren?

andererseits ist eine Medieninitiative, die einen Raum schafft, in dem Hanna Gugler Journalistin sein kann. Hier muss sie sich nicht an bestehende Strukturen einer Redaktion anpassen, um journalistisch arbeiten zu können. Vielmehr gibt andererseits ihr dort Unterstützung, wo sie sie braucht, und bekräftigt ihre Stärken, indem ihr Vertrauen entgegengebracht wird, selbstständig arbeiten zu können. Hannas Erfinden von neuen Worten wird hier nicht als Fehler gesehen und korrigiert, sondern eingebunden und als Stärke gesehen. Dafür treffen wir uns alle zwei Wochen, derzeit online, als gesamte Redaktion. Zu Beginn waren wir zu sechst, mittlerweile sind circa fünfzehn Personen bei unserem Projekt, die Hälfte davon mit vorherigen Erfahrungen im Journalismus. Darunter finden sich Grafiker:innen, Journalist:innen und Illustrator:innen. Meist arbeiten wir in Zweierteams zusammen, immer eine Person davon hat journalistische Erfahrung und übernimmt die Teile der Arbeit, bei denen der oder die zweite Unterstützung braucht.

Wir sind ein Projekt für Menschen mit Behinderung, noch viel mehr sind wir aber ein Projekt für den Journalismus. Medien schreiben über fehlende Gleichberechtigung, selten aber erkennen sie die Ungerechtigkeit in der eigenen Branche, der eigenen Redaktion und Struktur. andererseits lebt den Grundsatz, dass sich nicht Menschen mit Behinderung an bestehende Strukturen anpassen müssen, um teilhaben zu können. Wir denken, dass Inklusion bedeutet, Strukturen so zu verändern, dass sie für möglichst alle zugänglich sind. Zum Einen gibt es unsere Website, auf der wir Texte veröffentlichen und derzeit auch an multimedialen Formaten arbeiten. Zum anderen arbeiten wir mit bestehenden Medien, wie DATUM oder Der Standard  als Veröffentlichungsorte zusammen. Derzeit haben Menschen mit Behinderung als marginalisierte Gruppe oft das Gefühl keinen Raum für ihre Perspektiven zu haben. Sie erleben dieses Gefühl öfter als Personen, die Teil der Mehrheitsgesellschaft sind.

Ihre Gefühle sind daher politisch und nehmen daher bei andererseits auch viel Platz ein. In drei Formaten bearbeiten wir diesen Zusammenhang: Rechercheprojekte, die diverse Perspektiven auf ein Thema vereinen, Ich-Texte, mit denen marginalisierte Menschen aus ihrer Lebensrealität erzählen und Diskussionsformate, die neue Fragen stellen. Außerdem gibt es einen Newsletter und einen Podcast. Dabei ist uns klar: die Gefühle aller Menschen sind gleich viel wert. Doch die Erlebnisse, Emotionsfelder und Perspektiven von marginalisierten Gruppen haben weniger Platz in der öffentlichen Debatte. Doch genau sie zeigen am besten, wo unsere Gesellschaft noch an sich arbeiten muss, um fair und gerecht zu sein. Darum sollte die Medienlandschaft ihre Relevanz anerkennen.

Wir Katharina Kropshofer, Clara Porak und Katharina Brunner, als die drei Gründerinnen von andererseits und unser Team, das aus Grafiker:innen und anderen Medienschaffenden besteht, können mit unserer Initiative nicht das ganze Bildungssystem umkehren und damit die Journalismus-Ausbildung für Menschen mit Behinderung zugänglich machen. Was wir aber tun können, ist, unsere Erfahrungen und Kompetenzen als freie Journalistinnen nutzen und so Hanna, Matthias, Sebastian, Josef und viele weitere Autor:innen dabei unterstützen journalistisch arbeiten zu können. Darum gibt es andererseits.

 

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