Autor: Cornelia Kogoj

Doppelbindung und Doppelstandard

Vielen Menschen geht es schlecht. Kriege, Klimakrise, Teuerung der Lebenshaltungskosten, der globale Rechtsruck, zunehmende Anzahl autoritärer Regierungen, islamistischer Terror, drohende neue Pandemien und weitere Dauerbrenner der letzten Jahre machen einem Gutteil der Bevölkerung große Sorgen … Viele wiederum nehmen Anstoß an medial aufgebauschten Reißern, seien es „Flüchtlingsströme“, Trans- und Intersexpersonen im Sport, sei es das „Gendern“ oder unpopuläre EU-Maßnahmen. Als Draufgabe kommen die öffentlichen Debatten über solche...

Die Suche nach Zeichen

Jüngst erschien im Standard ein Artikel, in dem die Sprache Herbert Kickls auf das NS-Vokabular hin untersucht wird. Eine ganze Seite voller Treffer! Eigentlich wird diese Suchaktion nach Sprachrestln der „Ehemaligen“ in regelmäßigen Abständen veranstaltet, schon seit Jörg Haiders Zeiten: durch unterschiedliche Printmedien, im Nachrichtenfernsehen und naturgemäß von Kabarettist*innen, die, nebenbei gesagt, hierzulande inzwischen die Funktion von „public intellectuals“ übernommen haben. „Da spricht der Geist von damals!“...

Von alten Monden und neuen Sternen

Nasreddin Hoca, wie er auf Türkisch genannt wird, ist eine humoristische Figur, die man im Raum vom Balkan bis Zentralasien kennt. Er soll im 13. Jahrhundert im Osmanischen Reich gelebt haben und weist Ähnlichkeiten etwa mit Till Eulenspiegel auf: ein schlagfertiger Volksgelehrter, der sich als dumm oder naiv gibt und anschließend lehrreiche Bonmots äußert. Diese sind im Laufe der Zeit zu geflügelten Worten geworden. So auch seine...

Wissen, Demokratie und Kritik in der Migrationsgesellschaft

Wie sollten Politik und Wissenschaft zusammenwirken und wie nicht? Eine Analyse problematischer Umgangsformen der Politik mit akademischem Wissen und der Fallstricke für Wissenschaftler*innen am Beispiel der Migrationspolitik. Eurobarometer-Umfragen zur Wissenschaftsskepsis zeigen für Österreich ein eher düsteres Bild. Laut einer neuen Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) korreliert zudem Wissenschaftsskepsis mit einer Ablehnung der Demokratie. Weiters werden in der Studie Politiker*innen zitiert, die wissenschaftliche Ergebnisse diskreditieren und...

Die Wissenschaft sagt A und daher sagen wir jetzt alle A

Die renommierte Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt spricht über die Ursachen und Auswüchse der Wissenschaftsskepsis – und nimmt dabei nicht nur die Politik, sondern auch die Wissenschaft selbt in die Pflicht. Das Interview führte der langjährige Wissenschaftsressortleiter des STANDARD und Träger des Staatspreises für Wissenschaftspublizistik Peter Illetschko. © Heribert Corn Illetschko: Österreich gilt als stark wissenschaftsskeptisches Land… Felt: Das würde ich nicht so generalisieren. In Österreich gibt es schon...

Wissenschaftsskeptisch betrachtet

In den letzten Jahren wurde das Thema Wissenschaftsskepsis in Österreich intensiv diskutiert. Immer wieder bescheinigten Personen aus Wissenschaft, Politik und Journalismus der Bevölkerung eine im internationalen Vergleich außergewöhnlich stark ausgeprägte Wissenschaftsskepsis. Belege dafür wurden in Kontroversen um einige Maßnahmen der Regierung während der Corona-Pandemie gesehen, aber auch in den Ergebnissen einer Umfrage aus dem Jahr 2021 zur Einstellung der Europäer:innen zu Wissenschaft und Technik (Eurobarometer 516).[1] Das...

Alles Gaga oder was? Antifeministische Agitation gegen die kritische Geschlechterforschung

Wenn man Birgit Kelle Glauben schenkt, dann wird die sogenannte westliche Welt von einer schrecklichen Plage heimgesucht: dem sogenannten GenderGaga. Sollten Sie bei Gaga zunächst an Freddie Mercury oder Stefani Germanotta gedacht haben, muss ich Sie leider enttäuschen. GenderGaga ist ein beliebter Kampfbegriff des organisierten Antifeminismus. Die rechtskonservative Publizistin Kelle etwa nutzt ihn prominent in ihrer 2015 erschienenen Schrift „GenderGaga. Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern...

Kritik und Kultur

Ich fürchte, ich habe es nie geschafft, weder in politisch guten noch in schlechten Zeiten, verbindende oder ermutigende Worte für meine Mitmenschen zu finden. Das hat wohl mit meinem Dissidentencharakter zu tun. Überall dort, wo ich auch nur einen Anflug von Einstimmigkeit und Gemeinschaftsgeist wahrnehme, versuche ich, diese zu zerstören, oder suche das Weite. Das ist wohl eine verwerfliche Eigenschaft. Ich kenne einige Menschen mit diesem Makel,...

Doron Rabinovici: Das ist der Moment, um Farbe zu bekennen

Dieser Kommentar ist am 9.10.2023 im FALTER erschienen. Wer angesichts der Aufnahmen aus Israel die Untaten der Hamas durch den Verweis auf die israelische Besatzung relativiert, verteidigt die Massenmörder. Fernab meiner Nächsten in Israel bin ich ihnen in diesen Tagen näher noch als sonst. Ich folge den hebräischen Sondersendungen. Ich vergrabe mich in die sozialen Medien. Ich höre von jüdischen Bekannten, dessen Angehörige umgebracht wurden. Alle sorgen...

Das Vermächtnis des Freundes

Im März verstarb unser Kollege Erwin Riess. Einige Wochen zuvor hatte er an die STIMME-Chefredakteurin gemailt, dass er für die kommende Ausgabe krankheitsbedingt nicht schreiben werde, und sie um die Weiterleitung folgenden Wunsches an den Vorstand der Initiative Minderheiten gebeten: „Ich hoffe doch sehr, daß jemand über die Faschistenmachtübernehme in NÖ schreibt.“ Ich will hier versuchen, dieses Vermächtnis meines Freundes zu erfüllen. Zumindest einen Teil davon. „Faschismus“ ist...