Verbunden mit der Initiative Minderheiten: Eva Dertschei und Carlos Toledo

In einer neuen Ausgabe von “Verbunden mit der Initiative Minderheiten” beatworten Eva Dertschei und Carlos Toledo vom studio TiD unsere Fragen. Seit Anfang der 2000er Jahre kreuzen sich unsere Wege immer wieder im Rahmen von diversen Projekten und Ausstellungsgestaltungen, wie etwa Dezentrale Medien, Gastarbajteri, Auf der Flucht und Was wir fordern!

Foto: TiD

Was hat Euch rund um das Jahr 1991 politisch bewegt?

Carlos Toledo: 1990 organisierte ich als Aktivist der Solidaritätsbewegung mit Guatemala in Österreich den Besuch von Rigoberta Menchú (Angehörige der Volksgruppe der K’iche’s), die damals im mexikanischen Exil lebte. 1992 bekam sie den Friedensnobelpreis.

Eva Dertschei: 1991 war mein Maturajahr. Mein Kunst-Lehrer, Franz Moro, hat mir damals verschiedene künstlerische Praxen nähergebracht und mich bestärkt Kunst zu studieren. Das war, von heute aus gesehen, eine politische Entscheidung für mich.

Wer hat Euch politisch am meisten geprägt?

C: Wahrscheinlich mein Vater und meine Großväter im Guatemala des 20. Jahrhunderts: antidiktatorisch, gewerkschaftlich, sozial. Feminismus und Antirassismus waren damals aber noch nicht auf deren Agenda …

E: Einerseits meine Jugendfreundin, mit der ich unendlich lange Gespräche über das „dazugehören“ geführt habe. Andererseits war es Carlos, der mir Mittelamerika gezeigt und meinen Blick auf die Welt damit stark verändert hat.

Welche sind für Euch die wichtigsten (minderheiten-)politischen Errungenschaften der vergangenen 30 Jahre?

C und E: Im Jahr 2011 wurden wir zu einem grafischen Wettbewerb eingeladen. Die Aufgabe war es, ein zeitgemäßes Österreichbild in Form einer Briefmarke zu gestalten. Unser Entwurf bezog sich auf ein Ereignis aus demselben Jahr: die Aufnahme der Sprache der Burgenland-Rom:nja in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO.

Als wir heuer an der Gestaltung der Wanderausstellung Was wir fordern! für die Initiative Minderheiten gearbeitet haben, ist uns aufgefallen, dass die Minderheit der Rom:nja erst 1993 als autochtone Volksgruppe in Österreich anerkannt wurde. Eine Errungenschaft!

Was beschäftigt Euch heute?

C: Ich bin Lehrbeauftragter am Institut für Kunst und Gesellschaft an der Universität für angewandte Kunst Wien. Im Rahmen der Reihe “Lectures for Future” beschäftige ich mich mit dem Zusammenhang der „Kosmovision“ der Mayas in Zentralamerika und den Nachhaltigkeitsstrategien im globalen Norden. Wie können letztere dekolonialisiert werden? Und was bedeutet Solidarität mit Aktivist:innen die im globalen Süden um ihre Territorien kämpfen?

E: Wir arbeiten seit vielen Jahren grafisch für NGOs und Initiativen, die sich ganz konkret oder auf politischer Ebene mit Problemen und Forderungen von Minderheiten beschäftigen. Gestaltung ist immer auch Inhalt und kann ausgrenzen oder einschließen. Hier habe ich durch die Zusammenarbeit einiges gelernt aber es beschäftigt mich noch immer.

Was charakterisiert für Euch die Initiative Minderheiten und was möchtet ihr uns zum Geburtstag mitgeben?

C und E: Euer offener Begriff von Minderheiten hat uns immer wieder überrascht und auch herausgefordert. Wir wünschen euch die finanziellen Mitteln, um noch viele Jahre tätig sein zu können. Es wird notwendig sein!


Eva Dertschei und Carlos Toledo sind seit 1997 im Rahmen ihres studio TiD als Künstler:innen, Ausstellungsgestalter:innen und Grafiker:innen tätig.

 

Schreibe einen Kommentar