Verbunden mit der Initiative Minderheiten: Philipp Sonderegger, langjähriger Menschenrechtsaktivist

In der ersten Herbstausgabe unserer Jubiläumsreihe “Verbunden mit der Initiative Minderheiten” haben wir Philipp Sonderegger, unter anderem ehemaliger Sprecher von SOS-Mitmensch und einer unserer langjähriger Wegbegleiter zum Interview gebeten.

Foto: Oktober 1991, privat.

Was hat Dich rund um das Jahr 1991 politisch bewegt?

Boris Jelzin spricht von einem Panzer, Saddam Hussein provoziert den Zweiten Golfkrieg und der blutige Zerfall von Jugoslawien beginnt. Innenpolitisch stolpert Jörg Haider mit der “ordentlichen Beschäftigungspolitik“ und Franz Vranitzky gesteht die Mitschuld Österreichs ein. Die 1990er Jahre in Vorarlberg hatten etwas Abseitiges. Eine Insel in der Insel, verbunden mit der Welt über Mittagsjournal und Standard. Das Foto vom Oktober 1991 zeigt, die ganze Last der Welt lag auf unseren Schultern. Was es nicht zeigt: wir haben auch viel gelacht.

Wer hat Dich politisch am meisten geprägt?

Wolfgang Schüssel, Ernst Strasser und Hannah Arendt. Unter Schwarz-Blau habe ich gelernt, mit der Dürre zu leben. Eine nützliche Fähigkeit. Und Strasser wird mich immer daran erinnern, dass nix in Stein gemeißelt ist. Auch in der ärgsten Scheiße kann der menschliche Wille das Andere denken. Das war jetzt Arendt. Man muss politisch aber auch in Jahrzehnten denken.

Welche sind für Dich die wichtigsten (minderheiten-)politischen Errungenschaften der vergangenen 30 Jahre?

Die Wiener Erklärung mit Aktionsprogramm von 1993 („Alle Menschenrechte für alle“), die Antirassimus- und Beschäftigungsrichtline der EU und in Österreich buntere Redaktionen. Persönlich die Einsicht, wie effektiv zuhören ist.

Was beschäftigt Dich heute?

Freiheit und Gleichheit und Solidarität in einer globalisierten Welt organisieren. Von der Standortpolitik zum Eingeständnis, dass die Erde rund ist.

Was charakterisiert für Dich die Initiative Minderheiten und was möchtest du uns zum Geburtstag mitgeben?

Nochmals Hannah Arendt: “Pluralität ist ein Akt des sich Zeigens und Unterscheidens. Wer eine oder einer ist, zeigt sich im gemeinsamen Sprechen und Handeln. Sprechen heißt verschieden und verbunden sein. […] Dies ist der Zweck des ansonsten zweckfreien Raums von Öffentlichkeit. Die Aufrechterhaltung der Pluralität – des freien Urteilens – als Bedingung eines demokratischen Zusammenleben.“ Vita Activa

 


Philipp Sonderegger ist Menschenrechtler mit den Schwerpunkten Polizei und Versammlungsfreiheit. Sonderegger lebt in Wien und ist für verschiedene NGOs als systemischer Berater tätig.

 

 

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