Verbunden mit der Initiative Minderheiten: Štefan Pauer, langjähriger Kämpfer für Volksgruppenfragen

Auch wenn unser runder Geburtstag mit dem neuen Jahr vorbei ist, haben wir noch einige Beiträge im Rahmen unserer Jubiläumsserie vorbereitet. Für den aktuellen Beitrag haben wir bei Štefan Pauer nachgefragt und ihn um ein Foto aus unserem Gründungsjahr gebeten. Štefan haben wir durch viele gemeinsame Aktivitäten im Rahmen der Volksgruppenpolitik kennen- und schätzengelernt.

Foto: privat

Was hat dich rund um das Jahr 1991 politisch bewegt?

Es war unbestritten der Zerfall unseres Nachbarlandes Jugoslawien, der sich für mich aus dem Nichts zu einem überaus brutalen Bürgerkrieg entwickelte. Kriege kannte ich bis dahin nur aus Geschichtsbüchern, Zeitungen und dem Fernsehen und die waren weit weg von uns. Plötzlich trifft es Nachbarn, die auf einmal nicht mehr Jugoslawen waren, sondern Slowenen, Kroaten, Serben, etc. Warum begannen alle zu unterscheiden und zu trennen? Was hat das alles bloß für einen Sinn. Mehr als 200.000 Tote. Wofür?

Wer hat dich politisch am meisten geprägt?

Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, das sich für benachteiligte Gruppen engagierte. Als Angehöriger der kroatischen Volksgruppe im Burgenland habe ich mich sehr früh mit den Anforderungen an die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingung zum Überleben als Volksgruppe beschäftigt. Verbriefte Rechte aus dem Wiener Staatsvertrag von 1955 waren zum Zeitpunkt der Gründung der Initiative Minderheiten weit weg von jeder sinnvollen Umsetzung. Das sind sie auch heute noch, wenngleich mit dem Volksgruppengesetz 1976 ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt wurde. 21 Jahre nach dem Staatsvertrag von Wien! Geprägt hat mich auch der Umgang Österreichs mit Flüchtlingen und Asylsuchenden. Ich leide unter der Tatsache, dass in Österreich die Bereitschaft zur Solidarität und Hilfe im Laufe der Zeit stark abgenommen hat und dass diese heute nur mehr von Privatpersonen geleistet wird. Das Agieren bei den Krisen in Ungarn, der Tschechoslowakei, Polen oder Ex-Jugoslawien steht in keinem Vergleich mit dem Umgang des offiziellen Österreich heute mit Asylsuchenden.

Die Frage, wer mich politisch am meisten geprägt hat, mit der Nennung einer einzigen Person zu beantworten, fällt mir schwer. Geprägt hat mich jedenfalls die Persönlichkeit Bruno Kreiskys. Weiters waren es Protagonisten der Kulturvereinigung Großwarasdorf KUGA und Aktivisten im kroatischen Akademikerklub, die für die Erfüllung des Artikel VII, des Staatsvertrags von Wien 1955 kämpften und demonstrierten.

Welche sind für dich die wichtigsten (minderheiten-)politischen Errungenschaften der vergangenen 30 Jahre?

Die Anerkennung der Roma als eine der sechs anerkannten Volksgruppen in Österreich. Ebenfalls die Installation des Beirats für die kroatische Volksgruppe, wenngleich ich die Umsetzung als höchst uneffektiv und misslungen bewerte. Es müsste viel mehr mit dem Instrument Beirat erreichbar sein. So wie er jetzt gelebt wird, kann er durch einen E-Mail-Verteiler für Rundlaufbeschlüsse ersetzt werden.

Wichtig sehe ich auch den Beitritt zur Europäischen Union. Konkret das dadurch für Österreich wirksame Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. So kommen doch regelmäßig Expertinnen und Experten vom Europarat, um uns bei der Umsetzung von Minderheitenrechten auf die Finger zu schauen.

Was beschäftigt dich heute am meisten?

Nach wie vor das Thema der Volksgruppen in Österreich. Wie gehen wir mit neuen nach Österreich gekommenen Volksgruppen um, damit sie ihre Identität bewahren?

Mich beschäftigt auch das immer rauer werdende Klima in Österreich, der Umgang mit Asylsuchenden, die Abschiebepraxis, aber auch die politische Entwicklung in Ungarn und Polen sowie das starke Aufkommen nationalistischer Parteien in Europa, die scheinbare Entpolitisierung Österreichs (es geht nicht mehr um Inhalte) und das damit verbundene Schwinden des politischen Interesses und last but not least die Klimakrise.

Was charakterisiert für dich die Initiative Minderheiten? Was möchtest du uns zum Geburtstag mitgeben?

Das breite Themenspektrum, das die Initiative Minderheiten abdeckt und die Medien, mit denen sie kommuniziert. Natürlich sind es auch die Persönlichkeiten, die sich in der Initiative Minderheiten engagieren und diese verkörpern. Es ist kein Eisen zu heiß, um es nicht zum Thema zu machen. So soll es auch weiterhin bleiben!

Ich wünsche der Initiative Minderheiten alles Gute zum Geburtstag und weiterhin viel Kraft und Engagement beim Verfolgen ihrer Ziele!


Štefan Pauer ist in Oberpullendorf/Gornja Pulja geboren und in vielen (kroatischen) Vereinen aktiv. Unter anderem ist er Gründungsmitglied der KUGA Großwarasdorf/Veliki Borištof, Geschäftsführer der KUMA (kultura i krčma in der KUGA) und Vorstandsmitglied der ARGE Volksgruppen. Er war Obmann der Grünen Bildungswerkstatt Minderheiten, sowie des HGKD (Hrvatsko gradišćansko kulturno društvo) und in der ersten Dekade der Nullerjahre zwei Perioden im Beirat für die kroatische Volksgruppe im BKA.

 

 

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